Die Kunst des Netzwerkens

Wie Frauen erfolgreich netzwerken
Wie Frauen erfolgreich netzwerken

Erfolgreiches Netzwerken für Frauen

Dass Netzwerke das Leben beruflich – wie auch privat – sehr erleichtern können, ist inzwischen jeder klar. Frauen machen fleißig Kontakte, treffen sich in beruflichen Netzwerken und tummeln sich bei Social-Media-Anbietern. Trotzdem gibt es ein paar Regeln und Hintergründe, die es beim Netzwerken zu berücksichtigen gilt. Denn allzu leicht können althergebrachte Denk- und Verhaltensweisen von Frauen und Männern den Erfolg aller Bemühungen vereiteln.

Dieser Impulsvortrag will provozieren, zum Nachdenken anregen. Darum sind einige Formulierungen sehr zugespitzt.[1]

Männerbünde – Vitamin B

Zunächst möchte ich mit einem weit verbreiteten Irrtum aufräumen, der auf dem Mythos von Leistung basiert. Unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung gründet auf der Vorstellung, dass jede und jeder alles erreichen kann, wenn sie oder er nur die entsprechenden Leistungen erbringt und dies unabhängig von Herkunft im Sinne von Stand (Klerus, Adel, freie Bauern und Bürger – bis 1918 hatten wir in Preußen noch ein Dreiklassenwahlrecht) oder heute im Sinne von ’sozialer Herkunft‘ oder ‚Klasse‘ beim intersektionalen[2] Blick auf die Menschen.

Die vielen überqualifiziert beschäftigten Frauen und die wenig beschäftigten Migrantinnen und Migranten sind weitgehend anerkannte Symptome dafür, dass unsere chancengleiche Leistungsgesellschaft noch nicht vollständig erreicht ist. Das Antidiskriminierungsgesetz und die vielen Versuche, Chancengleichheit auf dem Bildungswege herzustellen, erweisen ebenfalls das starke Beharrungsvermögen tradierter Strukturen. Und der jährlich im März stattfindende Equal Pay Day erinnert uns daran, dass Frauen im Durchschnitt ca. 18 % weniger verdienen als Männer!

Immer die entsprechende Leistung vorausgesetzt, sind Beziehungen auch heute noch unabdingbar, wenn es darum geht, den gewünschten Platz in der Pyramide der Gesellschaft[3] einzunehmen:

Beziehungen - Vitamin B

Beziehungen – Vitamin B (nach Marie Sichtermann)

Diese Zusammenschlüsse sind – wie unsere gesamte Gesellschaft – selbstverständlich männlich geprägt. Damit folgen sie männlichen Zielen und Regeln:

Zentrales Ziel: Mehr Macht und Geld durch Beziehungen.
Zentrale Regel: Ich gebe, damit Du gibst.

Werte wie Sympathie, Freundschaft, Solidarität spielen ebenfalls eine Rolle. Sie dienen ebenso wie Brauchtumspflege (z.B. Karneval) und Sport (z.B. Fußball) als Legitimation und Identifikationsgrundlage. Ganz im Vordergrund stehen Solidarität und Verantwortung hingegen im sogenannten Nonprofit-Sektor, dem Bereich der karitativen, sozialen und (umwelt-)politischen Organisationen.

Ein Blick in die Geschichte der Frauenorganisationen zeigt, dass sich Frauen in ihren Vereinigungen meist zur Linderung eines gesellschaftlichen Übels zusammengeschlossen haben. Der persönliche Macht- und Geldzuwachs war nicht das Ziel. Dies wurde durch den Ehemann sichergestellt.

Frauenorganisationen

Heute gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Organisationen, in denen sich Frauen unter verschiedenen Aspekten zusammen geschlossen haben, und dies nicht nur im Rahmen von Präsenztreffen, sondern mehr und mehr auch vermittelt über die sozialen Netzwerke des Internets. Hier eine grobe Sortierung:

  • Soziales (religiös, politisch und/oder rein karitativ motiviert)
  • Politisches (Gleichstellungs-, Partei- oder Gewerkschaftspolitik)
  • Berufliches (berufsständisch, innerbetrieblich oder überregional / international ausgerichtet)
  • Kulturelles (z.B. Künstlerinnen, Chöre)
  • Karnevalistisches (Karnevalsgesellschaften nur für Frauen)
  • Sportliches (Frauensportvereine)
  • Geselliges (gemeinsame Freizeitaktivitäten, ggf. altershomogen, auch an Kirchengemeinden angebunden)

Darunter haben vor allem die berufsorientierten Frauenorganisationen (hier unter den Stichworten ‚Politisches’, ‚Berufliches’ und ‚Kulturelles’ anzutreffen) den Anspruch, ihre Mitfrauen auch bei ihrem persönlichen Fortkommen zu unterstützen.

Aber nach welchen Regeln? Der beruflich-wirtschaftliche Eigennutz ist bei Frauen noch ungeübt und das Wort ‚Macht’ wird vielfach noch mit ‚Machtmissbrauch’ gleichgesetzt und daher negativ besetzt, ganz unabhängig davon, dass Vertreterinnen jüngerer Frauengenerationen inzwischen recht forsch daherkommen.

Ein hilfreicher Blick auf Stereotypen

Stellen wir einmal die unterschiedlichen Haltungen von Frauen und Männern gemäß Rollenklischee gegenüber:[4]

Klischeeverhalten der Männer Klischeeverhalten der Frauen
M: Eine Hand wäscht die andere. Do ut des. Ich helfe Dir, damit Du mir hilfst. F: Ich helfe, weil (wenn) Hilfe benötigt wird. Meistens gehe ich davon aus, dass Hilfe benötigt wird, wenn jemand es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen kann. Ich bin dann in der besseren Position und habe die moralische Verpflichtung zu helfen.Eine Gegenleistung zu erwarten ist unmoralisch.
M: Wenn ich Hilfe – bei was auch immer – brauche, frage ich in meiner Gruppe herum.Das ist keine Schande, denn wenn ich die benötigte Unterstützung bekomme (z.B. etwas billiger oder eine Einflussnahme) bin ich auch gerne bereit, mich im Gegenzug ebenfalls für diese Person einzusetzen. F: Frauen, die hierzulande sozialisiert sind, sagen sich noch häufig:
Ich bitte nicht um Hilfe, weil ich mir dann ja eine Blöße geben würde. Ich offenbare ja damit, dass ich aktuell in der unterlegenen Position bin.
M: Ich empfehle Dich, damit Du mich empfiehlst.Ich helfe Dir nach oben, damit Du mich nachziehst (Steigbügel halten). F: Ich kann Dich nicht empfehlen, weil ich Dich nicht genug kenne. Es könnte ja sein, dass Du Dich nicht bewährst, und dann fällt es negativ auf mich zurück. Außerdem ist das Vetternwirtschaft.Wenn Du gut bist (die Leistung erbringst), brauchst Du keine Hilfe.Ich möchte keine Empfehlung (oder Frauenquote) in Anspruch nehmen, weil das ja bedeutet, dass meine Leistung alleine nicht gereicht hätte.
M: Ich pflege Kontakte unter Nutzenaspekten und achte auf einen fairen Austausch von Geben und Nehmen. F: Ich habe gelernt, dass ich Netzwerke brauche, um voran zu kommen. Daher achte ich auf meinen Nutzen.
M: Es ist nicht die Frage, ob ich jemanden mag (oder er mich), sondern ob wir uns irgendwann einmal gegenseitig nützlich sein können. Es geht nicht um Sympathie, sondern um stabile Kontakte, die bei Bedarf nutzbar sind.Je mehr mir andere Gruppenmitglieder voraus oder überlegen sind, desto attraktiver wird die Gruppe für mich.Freundschaft unter Männern ist ein völlig anderes Kapitel und nicht vergleichbar mit Frauenfreundschaften. F: Es ist sehr wichtig, dass ich mich im Netzwerk auch emotional gut aufgehoben fühle.Ich suche Freundinnen, Schwestern, Schicksalsgenossinnen, die mit mir solidarisch sind.Wenn sich einige zu sehr in den Vordergrund spielen (die Arbeit an sich reißen, die Führung übernehmen, überhaupt sehr erfolgreich sind), verunsichert mich das und ich fange an, an mir zu zweifeln (warum nicht ich?, was hat sie, was ich nicht habe?) und ich fühle mich nicht mehr wohl in der Gruppe.

Netzwerken für Frauen

Die plakative Gegenüberstellung zeigt, dass sich Frauen noch sehr schwer damit tun, Netzwerke tatsächlich erfolgreich zu nutzen. Dadurch können sie nur schlecht Fuß fassen in gemischten ( = männerdominierten ) Netzwerken, weil sie die Regeln nicht einhalten, und stehen sich oft selbst im Wege, wenn sie es in eigenen rein-weiblichen Zusammenschlüssen versuchen.

Nun geht es aber nicht darum, dass wir so werden wie die Männer und auch nicht darum, dass wir die besseren Menschen sind. Wir müssen schon einen eigenen Weg finden, wie wir unsere Kontakte sinnvoll zum gegenseitigen Erfolg nutzen. Vielleicht helfen die folgenden Leitsätze dabei weiter:

  1. Ich bin in einem Netzwerk (oder baue Kontakte auf), WEIL ich davon einen persönlichen Vorteil haben will. Das ist Sinn und Zweck meines Tuns. Es hat nichts Unmoralisches oder Hilfebedürftiges. Es ermöglicht mir das Fortkommen, weil Leistung alleine niemals genügt.
  2. Damit ich diesen persönlichen Vorteil in banalen ebenso wie in wichtigen Dingen generieren kann, sehe ich zu, dass ich selbst auch anderen (Frauen) persönliche Vorteile verschaffe. Damit erhebe ich mich nicht über die andere Person, sondern baue ich mir Anrechte auf Gegenleistung (irgendwann später) auf.
  3. Damit sich mein Einsatz auszahlt, muss ich über längere Zeit in einem Netzwerk bleiben (oder meine Kontakte pflegen). Netzwerk-Hopping, um kurzfristig Akquise zu machen oder um festzustellen, dass mir die eine oder andere Nase nicht passt, ist Zeitverschwendung.
  4. Jeder Kontakt ist wertvoll, auch wenn ich die Person nicht mag. Ich habe immer Visitenkarten dabei und tausche sie gern. Ich lege mir zu Hause ein System an, mit dem ich meine Kontakte ordne (Outlook, CRM-System) oder werde Mitglied bei Online-Communities wie z.B. xing, wo ich meine Kontakte verwalten kann.
  5. Wenn Sympathie dabei ist, ist es wunderbar, aber nicht Bedingung! Wenn Freundschaft, Solidarität, gar schwesterliche Verbundenheit entstehen, ist es super! – aber eher nicht zu erwarten, weil wir alle sehr verschieden sind.
  6. Damit der selbstbewusste Tausch von Einfluss und Leistung funktionieren kann, muss ich mich zeigen. Ich kann in meiner Gruppe Gemeinschaftsaufgaben übernehmen, damit sich die Anderen von meinem Können überzeugen und mich leichter empfehlen können. Ich muss aber vor allem wissen:
    • was will ich haben (z.B. Wonach suche ich gerade?)
    • und was will ich geben (z.B. Was bekommt mein Gegenüber von mir billiger? Wo habe ich Einfluss, um meinem Gegenüber weiter helfen zu können?)

Mit dererlei Klarheit netzwerkt es sich leichter und ein gesunder Pragmatismus hilft, emotionale Ressourcen zu sparen, die besonders in Frauennetzwerken gerne beansprucht werden.


Bei einem Kölner Young BPW-Treffen am 18.09.2007 zuerst als Impuls gehalten, ist eine Kurzversion des Vortrags nun ein fester Programmpunkt der Info- und Netzwerkveranstaltung „Frauen gründen anders“, die alle 2-3 Monate vom AK Kölner Netzwerke Frau & Wirtschaft durchgeführt wird. Termine siehe www.internet-beratung-koeln.de

Am 8. März 2016 – zum Weltfrauentag – war der Vortrag Bestandteil einer Gemeinschaftsveranstaltung rheinischer Vorbildunternehmerinnen der BMWi-Initiative „FRAUEN unternehmen“ und des Rotonda Business-Club: Höher, schneller, weiter! – Gibt es auch andere Erfolgsfaktoren?

Career-Webinar: Die Kunst des Netzwerkens, Dr. Marita Alami

 

Am 4. Februar 2015 gab es ein kostenloses Webinar zum Thema auf Career-Webinars.com: Dass Netzwerke das Leben beruflich – wie auch privat – sehr erleichtern können, ist inzwischen jeder klar. Frauen machen fleißig Kontakte, treffen sich in beruflichen Netzwerken und tummeln sich bei Social-Media-Anbietern. Trotzdem gibt es ein paar Regeln und Hintergründe, die es beim Netzwerken zu berücksichtigen gilt. Denn allzu leicht können althergebrachte Denk- und Verhaltensweisen von Frauen und Männern den Erfolg aller Bemühungen vereiteln. Mit einem Augenzwinkern und viel Empathie öffnet Ihnen die erfahrene Netzwerkerin, Dr. Marita Alami, in diesem Webinar den Blick für alltägliche Unterschiedlichkeiten und deren Konsequenzen für Ihren beruflichen Erfolg.

  1. [1]Weil es um die althergebrachten Denk- und Verhaltensweisen geht, bleibt dieser Vortrag bei einer binären Sprache.
  2. [2]Mit Intersektionalität wird die Mehrfachdiskriminierung einer Person oder Personengruppe bezeichnet. Das englische Wort „intersection“ bedeutet „Schnittpunkt, Schnittmenge“. Intersektionalität beschreibt daher die Überschneidung und Gleichzeitigkeit von verschiedenen Diskriminierungsformen.
  3. [3]Pyramide und Auflistung in Anlehnung an Dr. Marie Sichtermann, Vortrag beim AKF Köln, 22.03.04
  4. [4]Wichtig: hier werden nicht Frauen und Männer, sondern Geschlechtsrollenklischees beschrieben, die leider immer noch oft handlungsleitend sind, auch wenn es einen anderen Anschein haben kann und heute stärker im Bewusstsein ist, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt.

4 Rückmeldungen zu “Die Kunst des Netzwerkens

  1. Susanne Blischke Beitragsautor

    Hallo Frau Alami,
    ich habe die Veranstaltung „Frauen gründen anders“ besucht und fand es eine tolle Sache. Ihre Präsentation hatte exzellente Denkanstöße, besonders was das unterschiedliche Handeln und die unterschiedlichen Ziele von Männern und Frauen beschrieb. Ich finde es sehr interessant über diese Aspekte nachzudenken und mit meinen eigenen Arbeitserfahrungen abzugleichen – gut, das mal so klar aufgelistet zu sehen.
    Vielen Dank und bester Gruß
    Susanne Blischke

  2. Bettina Dorfner Beitragsautor

    Hallo Frau Dr. Alami,
    mit großer Freude durfte ich Ihrem gestrigen Beitrag bei „Frauen gründen anders“ lauschen. Haben Sie ganz herzlichen Dank dafür. Es hat Lust aufs Netzwerken gemacht.

  3. Brigitta Vogelpohl Beitragsautor

    Hallo, habe gestern Ihren Vortrag bei ,Frauen Gründen anders‘ gehört. Hat mich sehr angesprochen!

  4. Astrid Freia Beitragsautor

    Liebe Frau Alami,
    auch ich war begeisterte Besucherin von „Frauen gründen anders“ und habe ihren Vortrag zum Netzwerken als große Bereicherung und mögliche Initialzündung wahrgenommen. Herzlichen Dank. Bis bald und herzliche Grüße
    Astrid Freia

Über weitere Rückmeldungen freut sich Dr. Marita Alami.