Digitalisierung, KI und die Frauen

Digiralisierung, KI und die Frauen

Spätestens seit ChatGPT die Welt in Erstaunen versetzt, werden die Fragen nach den Auswirkungen diese Technologien und ihrer zukünftigen Weiterentwicklungen auf das Leben und Arbeiten der Menschen immer dringlicher.

Im Fokus der Öffentlichkeit stehen in diesem Zusammenhang vor allem die erwarteten Folgen für die Erwerbsarbeit. In unzähligen Studien versuchen Forschende abzuschätzen, wie hoch das Substituierungspotenzial der KI für bestimmte Branchen und Berufsbilder ist, und kommen dabei zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Sie werden z.B. beim IAB im Dossier ‚Digitale Arbeitswelt – Chancen und Herausforderungen für Beschäftigte und Arbeitsmarkt‘ gesammelt.

Ob Branchen und Berufe, in denen vorwiegend Frauen tätig sind, in näherer Zukunft besonders stark durch künstliche Intelligenz ersetzt werden können, ist ebenfalls noch nicht klar. Sorgen bereitet z.B. die fortschreitende Qualität von KI-gestützten Übersetzungsprogrammen – der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ) hat ca. 80% weibliche Mitglieder. Dies erinnert stark an den Wegfall der Schreibbüros in größeren Unternehmen und Einrichtungen, als der Computer in den Büros Einzug hielt.

Wird aber neben der Erwerbsarbeit auch die private Sorgearbeit z.B. für Kinder, kranke, alte Menschen in den Blick genommen, zeigen sich auch große Chancen für mehr Geschlechtergerechtigkeit durch die fortschreitende Digitalisierung.

Schon lange steht die Forderung nach einer 4-Tage-Woche oder einer 32-Stunden-Woche als neue Normalarbeitszeit (Jutta Allmendinger) im Raum. Damit würde der ständig wachsenden Arbeitseffizienz durch die Digitalisierung Rechnung getragen und gleichzeitig hätten alle Geschlechter mehr Kraft und Zeit für private Care-Arbeit, aber auch für zivilgesellschaftliches Engagement und erfüllende Freizeitaktivitäten.

Zugleich würde dadurch die Attraktivität vieler Arbeitsplätze erhalten und damit dem Arbeits- und Fachkräftemangel entgegengewirkt. Ein gutes Argument, wenn der Gender-Pay-, -Pension- und -Care-Gap noch nicht ausreichen.

Schon jetzt hat die zunehmende Digitalisierung dazu beigetragen, dass Menschen mit Sorgeverantwortung (noch überwiegend Frauen) Erwerbs- und Care-Arbeit immer besser vereinbaren können, und das nicht erst seit dem Home-Office-Boom durch die Corona-Jahre. So konnten Gründerinnen durch Online-Marketing, Online-Shops bis hin zu Online-Training und Online-Beratung vereinbarkeitsfreundlichere Geschäftsmodelle entwickeln.

Die Chancen von KI-gestützten Technologien für eine bessere Verteilung von Erwerbs- und Care-Arbeit stehen und fallen natürlich mit der Qualität dieser Anwendungen. Dabei geht es um sachliche und fachliche Richtigkeit, Sicherheit, Datenschutz und insbesondere auch um unbewusste Voreingenommenheiten (unconscious biases) wie sexistische und rassistische Stereotype.

Denn KI ist wie alles, was von Menschen entwickelt wird, nur so gut und gerecht wie die Menschen, die es entwickeln und die es dann einsetzen. Die eigenen Voreingenommenheiten zu erkennen und ihnen entgegen zu wirken, muss das ständige Bestreben in Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sein. Dazu bedarf es allerdings gesetzlicher Regelungen und Anreizsysteme.

Auch die Auswirkungen des zunehmenden Einsatzes von Rechenleistung auf die Erderhitzung und den Wasserverbrauch dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Es geht also bei der Digitalisierung nicht nur um klimaneutrale Stromgewinnung, sondern auch um transparenten und achtsamen Umgang mit Wasser.

Wir bleiben als Menschen immer in der Verantwortung für die Auswirkungen unserer technologischen Errungenschaften, so auch bei der heutigen künstlichen Intelligenz, ob nun als maschinelles Lernen oder als generative KI, die eigenständig Sprache, Bilder, Musik hervorbringt. Daher dürfen bei allen Chancen auch die Risiken nicht aus dem Blick geraten.

Zum Weiterlesen:

IAB Dossier ‚Digitale Arbeitswelt – Chancen und Herausforderungen für Beschäftigte und Arbeitsmarkt‘: iab.de/dossier/?id=263991

BDÜ: Daten und Fakten: bdue.de/der-bdue/wir-ueber-uns/daten-und-fakten

4 Day Week Global – Projekte weltweit: www.4dayweek.com

Jutta Allmendinger, z.B. „Es geht nur gemeinsam! Wie wir endlich Geschlechtergerechtigkeit erreichen“, Ullstein, Berlin 2021

Equal Pay Day: www.equalpayday.de

Statistisches Bundesamt (Destatis): Gender Pension Gap: www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Gleichstellungsindikatoren/gender-pension-gap-f33.html

Equal Care Day: www.equalcareday.de